18.03.2019

Eine Wanderung auf dem Vigiljoch Wandern und sich wundern, über die Welt, über die Welt in einem selbst. Sich bewegen und schauen, ja staunen, was das eigentlich in einem selbst bewegt. Das sind Dinge, die einem durch den Kopf schießen, wenn man hoch oben steht, auf einem Berg, selbst ganz klein und sich doch ganz groß fühlt.

Doch fangen wir am Anfang an: Vormittags geht es vom Hotel aus los – es ist warm, die Sonne strahlt einen an, man lächelt zurück. Zuerst wird der Bus genommen, bis nach Lana, eine kurze Fahrt und schon steht man vor der Seilbahn, welche hoch zum Vigiljoch auf 1.486 m führt. Kurz durchatmen, einsteigen, gleich geht es los – man ist ganz gespannt, welche Ausblicke einem geboten werden. Ein „neuer“ Berg ist wie ein Geschenk, ein Versprechen, eine Herausforderung.

Panoramareich und ausgedehnt

Wir nehmen den Weg 34, denn wir haben die Tour gewählt, die verheißungsvoll „ausgedehnt und panoramareich“ heißt. 7,7 km warten darauf, bewandert zu werden.
Zuerst geht es bergauf, durch einen lichten Wald. Ein paar andere Wanderer sind unterwegs, aber die meisten nehmen den Sessellift. Wir hingegen genießen die Stille, die Ruhe. Aufmerksam lauscht man dem Knirschen und Knacksen des Waldes, der Wald lebt. Hier ist man fernab von Autos, Menschenmengen, fernab vom Alltag. Der Wald nimmt einen jedes Mal großzügig auf, in seiner natürlichen Güte. Man darf verweilen, grübeln, die Gedanken durch die Bäume streichen lassen, ganz weit weg, bis sie ganz klein und unbedeutend sind.

Sich selber zuhören und wiederfinden

So findet man sich wieder, das alltägliche Leben wird abgestreift, unten im Tal gelassen, so kann man sich selber besser zuhören, sich richtig fühlen, spüren – mit sich selber wieder eins sein. Es bedarf meistens nicht lange, da fühlt man es: warm und zögerlich und dann immer stärker, ein kleines leises Lächeln, das von innen entsteht und den ganzen Körper, den Geist, mit Glück und Zufriedenheit füllt. Die Magie der Natur ist unbeschreiblich. So wie man auf Bergen und in der Natur neue Wege beschreitet, hilft einem genau die Natur selbst, in sich drinnen auch neue Wege zu beschreiten, neue Abzweigungen zu ergründen, mehr über sich selbst zu erfahren. Wenn man in der Welt draußen zur Ruhe kommt, dann kann man drinnen forschen und entdecken, über sich selber staunen, ja, neue Kraft schöpfen.
Ein leichter Wind streicht einem durchs Haar, die Äste der Bäume bewegen sich sanft darin, schaukelnd. Die wenigen Wolken ziehen schüchtern am blauen Himmel vorbei, über dem Viglijoch hinweg, in andere Orte. Die Gedanken ziehen gerne mit, spielen mit den weißen Farbtupfern und verlieren sich dann in der Unendlichkeit des Himmels.

Die Familienalm Gampl und die Schwarze Lacke

Schon haben wir die Familienalm Gampl erreicht. Sie lädt zum Einkehren ein und da hört man sich selber nicht nein sagen. Sitzend sucht man mit dem Gesicht die Sonnenstrahlen, lässt sie auf sich wirken, während man sich mit etwas Kühlem erfrischt.
Dann geht es weiter auf den Weg Nr. 9, zur „Schwarzen Lacke“, ein düsterer Name für einen so harmonischen und friedlichen Ort. Ein größerer Teich erstreckt sich auf der Bergwiese, eingebettet in den Höhen der Südtiroler Bergwelt. Fast nicht vernehmlich plätschert ab und zu ganz leise das Wasser – die Melodie des Lebens scheint es einem fast, ein flüchtiger Gedanke, der einem leichte Gänsehaut beschert.

Die Welt liegt einem (gefühlt) zu Füßen

Anschließend beginnt wohl der allerschönste Teil: der panoramareiche Weg Nr. 7 und der scheint wirklich zu halten, was er verspricht: einen atemberaubenden und einzigartigen Blick hinunter ins gesamte Tal. Die Welt liegt einem gefühlt zu Füßen, der Blick wandert über die Natur, die winzigen Häuser und verliert sich wieder irgendwo in der unendlichen Weite. Mit freiem Kopf und mit Glück gefülltem Herzen lässt man sich kurz nieder um das Naturspektakel zu genießen. Hier inmitten der Berge ist man ganz klein und paradoxerweise fühlt man sich jedoch ganz wichtig. Eins mit der Natur, eins mit der Welt, eins mit sich selbst. Wie so einst Hesse schön schrieb „Deine Seele ist die ganze Welt.“ und das erlebt man, die
Man verliert sich in der imposanten Aussicht und findet sich genau dort wieder. Der Puls wird ganz ruhig, man kann sich zurücklehnen und die Augen schließen, hier oben ist man wirklich bei sich selbst angekommen.